Zum Thema Historie

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Jo'
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Re: Zum Thema Historie

Post by Jo' » Sat 07 Nov 2020 12:17

Ich muss eingestehen, dass ich es nicht verstehe, wenn Menschen von "links" sprechen und im selben Atemzug die SPD oder gar die Grünen nennen (letztere insb. bei Menschen, die die "Linkslastigkeit" des örR kritisieren - hatten wir dieses Thema schon mal? Hab 'n Deja vu), die beide für mich nichts mit einer politisch linken Ausrichtung zu tun haben (selbst wenn das irgendwann mal so gewesen sein sollte). Relevant ist für mich, was die im Jetzt tun.

Wie ich erwähnte, war ich auf einer Gesamtschule. Angeblich überhaupt *die* erste Gsamtschule der BRD. Auf dieser war ich von der Vorschule bis zur 10. Klasse, nach welcher ich abging, während ein weiterer Teil der Klasse, mit dem ich schon seit der Vorschule zusammen dort war, an eben dieser Schule noch 3 Jahre Abitur machten. Deswegen konnte ich nur schwer nachvollziehen, als mir ein Freund sein Leid von Hauptschulen der frühen 70ern und eben die von Dir genannte Chancenungleichheit erwähnte. Es war eine gute Zeit, wir haben dort aber auch nicht unseren "Namen getanzt". In der Klasse waren ebenso Kinder von Unternehmern der Mittelschicht, wie auch "normalen" Arbeitern und es gab auch da kaum offensichtliche Unterschiede.


Das mit Bismarck und der Staatsbindung verstehe ich nicht. Kommt das noch aus den feudalen Zeiten? Das durch die Demokratisierung der Adel Angst hatte die Loyalität der Bevölkerung zu verlieren? Woran zu verlieren?


Gier halte ich für durch das System anerzogen. Darum wiederspreche ich üblicher Weise auch, wenn Leute sagen, der durschnittliche Mensch wäre "blöd" und "giere lediglich egoistisch nach Geld". Ich glaube fest, dass dieses Verhalten vom Geldadel so gewollt und durch entsprechende Medien- (und Politik-) Manipulation kommuniziert wird. Was den Bogen wieder zum Filmangebot spannt, welches ich bemängelt hatte. Das ich glaub, dass dort, wo man das wirklich große Geld für Filme bekommt, eine Art vorherige Selektion stattfindet, was dort verfilmt und unter Volk gebracht wird.

Möglicherweise ist eine Selektion kaum noch nötig, weil sich ein vorauseilender Gehorsam gebildet hat, der eh schon diesen Geldgebern, Verlegern und Medienkonzernbetreibern zu Munde redet. Ähnlich wie in Behörden betreffs der aktuellen "Corona-Maßnahmen" oder "Genderisierung" oder in Redaktionen von Zeitungen, wo man sich automatisch auf das ausrichtet, was eh schon seit Jahrzehnten die Schlagzeilen macht. Bzw. kommt da wohl eh der größte Teil nur noch von drei bis vier "Agenturen", weil (auch dank Internetz) Zeitungen kein Geld mehr für große individuelle Recherchen haben sollen.

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Bookworm
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Re: Zum Thema Historie

Post by Bookworm » Sun 08 Nov 2020 09:22

Ja, die SPD war einmal "links". Und die Grünen waren sehr weit links. Erinnerst Du Dich noch an Thomas Ebermann, Rainer Trampert oder Rudolf Bahro? Lang ist es her...

Aber auch wenn SPD und Grüne längst "verbürgerlicht" sind und von ihren ursprünglichen gesellschaftsverändernden Ansätzen nicht mehr viel übriggeblieben ist, besteht bei ihnen nach wie vor ein gewisses Potential für die Verwirklichung linker Politik - ein Potential, das ich bei CDU oder FDP nicht erkennen kann. Ohne die Linke (Ex-PDS) als Antriebsmotor wird es allerdings kaum gehen, deswegen ist das die Partei, die ich regelmäßig wähle.

Die Überwindung der traditionellen Einsortierung von Kindern nach den Kategorien Arbeiter/Unterschicht (Hauptschule), Mittelstand (Realschule) und Akademiker/Oberschicht (Gymnasium) war ein zentrales Ziel der Schulpolitik von SPD und Grünen. Es hat sich dort izwischen ein Bisschen bewegt, aber eine Schule, die wirklich alle Kinder ihren Fähigkeiten entsprechend intensiv fördert und ihnen Freiraum für die individuelle Entfaltung ihrer Talente gibt, ist leider zumeist noch ein Wunschtraum.

Bismarck befürchtete eine Arbeiter-Revolution mit anschließendem Umsturz der Herrschaft der traditionellen Eliten (Adel/Großgrundbesitz, Kirche, Militär), was damals noch offiziell von der SPD, basierend auf den Theorien von Marx und Engels, als Zielsetzung vertreten wurde. Er hoffte dann darauf, wenn er den Arbeitern ein klein wenig Unterstützung von staatlicher Seite bietet, nämlich eine gewisse Absicherung im Fall von Alter, Krankheit oder Unfall, werden sie weniger geneigt sein, der SPD zu folgen und diesen Staat umzustürzen, der ihnen immerhin solche, wenn auch bescheidenen, Vergünstigungen anbietet.

Ich befürchte, Du siehst den Menschen zu positiv. Eigenschaften wie Gier, Selbstsucht und Rücksichtslosigkeit werden nicht anerzogen, sondern sind ihm ebenso angeboren wie Freundlichkeit oder Einfühlungsvermögen. Der Mensch ist also grundsätzlich eine Wundertüte mit sehr widersprüchlichem Inhalt - was sich davon dann entwickelt und letztlich seine Persönlichkeit bestimmt, kann immerhin in einem gewissen Maß durch das Milieu und die Erziehung beeinflusst werden. Aber ich halte es für eine Illusion, dass die negativen bzw. anti-sozialen Eigenschaften von Menschen in einer besseren Umgebung einfach verschwinden könnten. Auch das steckt in uns drin und kommt immer mal wieder an die Oberfläche.

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Re: Zum Thema Historie

Post by Jo' » Fri 13 Nov 2020 22:08

Die Namen sagen mir nichts. Ich habe mich nie aktiv für Politik interessiert und erinnere mich aus meiner Kindheit nur an jene Politiker, die ausreichend Schlagzeilen machten, wie Kohl, Strauß, Vogel, Brandt - nicht viel anders als die Fußballspieler, die in der ersten Hälfte der 80er angesagt waren :twitchsmile: Rummenigge, Breitner, Fischer, Litbarski, Schumacher...

Realistisch betrachtet - ich hatte heute mal wieder ins GEZ-Boykott Forum geschaut, was der örR so treibt... (Sie haben sich ja nun über den Rundfunk hinaus als "Medienwart" Deutschlands mit dem neuen Medienstaatsvertrag etabliert. Wollen ab nächstes Jahr höhere Beiträge kassieren und und - und das mit einer frech-dreisten Nonchalance.) ... ist es doch bezeichnend, wie wenig Informationen ich real aus erster Hand erlebe. Wir reden hier über Dinge, die ich nur indirekt "um drei Ecken" aus Zeitungen, Fernsehen und Webseiten "weiß". Bzw. auf Gedeih und Verderb diesem "Fremdwissen" glauben schenken "muss".


Selbst wenn "negative" Eigenschaften nicht ganz verschwinden, haben sie weniger Grundlage z.B. in einem geldlosen, basis-demkratischen System, Macht und Reichtümer für sich zu monopolisieren. Die Schulen wären anders - kooperativer - aufgebaut. Man könnte also nicht mehr verarmen, von bestimmten Lebensqualitäten ausgeschlossen sein. Der Kommerz würde mangels "Notwendigkeit von Werbung" (und Abschaffung von profitorientierter Obsoleszenz) das Leben des Pöbels nicht mehr so lenkend bestimmen. Ich kann mir vorstellen, dass das so einige Verhaltsweisen der Menschen beeinflussen wird.

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